• REAL wurde eine Auslobung nach gültiger RPW erarbeitet. Diese formulierte die Verfahrensbestimmungen und die planerischen Rahmenbedingungen. Die programmatischen und baulichen Ziele des Projektes einschließlich eines genauen Raumprogramms und der Ambition eines forschenden Bauprojektes wurden dabei festgelegt. Der inhaltliche Fokus in der Auslobung lag zum einen auf der Beschreibung der im Vorfeld von der Genossenschaft zum Teil neu entwickelten Wohnkonzepte – Basiswohnen, Filialwohnen, Nukleuswohnen – und zum anderen auf Lösungen für das Erdgeschoss und die Rolle der Gemeinschaft und Öffentlichkeit darin. Es wurden die üblichen  Abgabeleistungen – Plansatz und Modell – gefordert.

    REAL Partizipation und Kollektivität
    Bezogen auf partizipative Elemente waren die späteren Nutzer*innen in die Erstellung der Auslobung durch die Gremien der Genossenschaft mit ihren Bedürfnissen eingebunden und zwei spätere Bewohner*innen waren als nicht stimmberechtigte, stellvertretenden Mitglieder Teil der Jury. Zudem konnten alle Nutzer*innen am öffentlichen Preisgericht als Gäste teilnehmen. Die Ziele, Werte und die Programmatik des Projektes, sowie das Verfahren und die Auswahl des Preisgerichts wurden aber in den Gremien der Genossenschaft festgelegt. Bezogen auf kollektive oder kooperative Elemente auf Seiten der Planenden sah der Architekt*innen-Wettbewerb, der seinem Wesen nach auf Konkurrenz und Gewinnen angelegt ist, nichts vor. Im realen Projekt SAN RIEMO fanden aber mit Zustimmung der Verfasser*innen erstaunlicherweise ganz entscheidende Ideentransfers zwischen den Projekten des 3. und des realisierten 2. Preises hinsichtlich der Erschließung – Stichwort Portego bzw. Treppenzimmer vom 3. in den 2. Preis – aber auch des Foyers als Gemeinschaftsraum und Erschließungsklammer im Erdgeschoss in der außerordentlichen Überarbeitungsphase vom 2. in den 3. Preises sowie auch der Hoffassade in der Realisierung vom 3. in den 2. Preis statt.

    FIKTIV wird die Planungsaufgabe für SAN RIEMO in das mehrphasige und fragmentarische Teilaufgaben-Modell der Methode OP-OD übersetzt. Es werden die entsprechenden Projektphasen, Calls und  Callrunden gebildet. Die Inhalte und Ambitionen des Projektes werden dabei zunächst einmal nicht verändert. Durch die Einbeziehung aller Stakeholder*innen und die teilweise Kollektivierung der fachlichen Planungsleistungen soll aber die Möglichkeit bestehen, dass sich auch die Planungsziele bzw. auch die Lösungen verändern können. Dabei bleibt die Frage des „atmenden Hauses“, die die KOOGRO bei SAN RIEMO und all ihren weiteren Projekten stellt, aber zentral.

    FIKTIV Partizipation
    In einem OP-OD Prozess kann Partizipation mit ganz anderen Mitteln erreicht werden, als es im Wettbewerb möglich ist, wo Vorgaben bindend sind. Würden sich etwa die späteren Nutzer*innen im OP-OD Prozess gemeinsam mit den Planenden, der Bauherr*in und der Fördermittelgeber*in verbindlich darauf verständigen können, dass sie jederzeit bereit wären bei veränderten Bedarfen ihre Wohnungen so lange untereinander zu tauschen, damit immer eine optimale Belegung des Hauses gewährleistet ist, so würde sich die Flexibilität des Hauses – also sein Atmen – viel mehr durch Umzug innerhalb des Hauses und einen entsprechend guten Mix an Wohnungen abbilden, als durch neue flexible Wohnformen wie etwa das Nukleuswohnen. Planerisch wäre das im Prozess natürlich zu untersuchen und zu simulieren und auch über die aktuellen Nutzer*innen hinausgehende Szenarien wären zu bedenken.

    Würden hingegen die Nutzer*innen beschließen, dass sie alle die größtmöglichen Wohnungen möchten und diese auch starr und auf Lebenszeit so bleiben sollten, so müssten im Prozess sowohl die Genossenschaft in ihrer Rolle als Bauherr*in als auch die Planenden in ihrer Rolle als nachhaltig denkende Expert*innen als auch evtl. die Fördermittlegeber*in dies ablehnen, weil es weder den Werten der Genossenschaft noch den Kriterien an Wohnraumsuffizienz noch ggf. der Förderung entspricht. Dies bedeutet, dass weder Nutzer*innenwünsche noch Expert*innen-Ideen einfach in einem OP-OD Prozess, der zunächst einmal allen mehr Freiraum und Mitsprache ermöglicht, durchschlüpfen können. Im Aushandlungsprozess können aber völlig unvorhergesehene Themen und Ideen auftauchen und gemeinsam im Konsent gelöst werden.

    FIKTIV wird hier aufgezeigt, wie die Call-Pakete für SAN RIEMO konzipiert werden könnten:

    Callrunde 1 beginnt mit drei Calls. Jeder dieser Calls behandelt eines der drei Wohnmodelle des Projektes – Basiswohnen, Filialwohnen und Nukleuswohnen. Dabei geht es zunächst einmal nur um die inneren Bedingungen dieser Wohnformen und innovative Grundrissmechaniken für diese. Es geht aber noch nicht um das Zusammenspiel der drei Wohnformen und auch noch nicht um die Erschließungssystematik des gesamten Hauses. Die durch den Bebauungsplan vorgegebene maximale Gebäudetiefe sollte aber beachtet werden. In den drei darauffolgenden Callrunden werden jeweils nur noch zwei parallele Call-Fragestellungen untersucht: In Projektphase 2 werden die sowohl Frage nach der Erschließungssystematik des Hauses gestellt, die noch als isolierte eigenständige Frage unabhängig von den einzelnen Wohnkonzepten verhandelt werden soll, als auch die Frage nach der räumliche Rolle der Gemeinschaft bzw. der öffentlichen Nutzung im Erdgeschoss untersucht.

    In Projektphase 3 soll dann die einem Call die Erschließungssystematik mit den Wohnkonzepten aus Projektphase 1 in Einklang gebracht und weiterentwickelt werden. Zudem soll dabei die Kombinatorik der einzelnen Wohnformen und ein entsprechender Wohnungsmix bearbeitet werden. Parallel können nun auch Optionen für die Konstruktionsweise des Hauses untersucht werden. In der darauf aufbauenden dritten Synthese könnte der Prozess bereits zu einer umfassenderen, einzigen planerischen Lösung – einer Art „Entwurf“ führen. In Phase 4 schließt dann ein vertiefter Faktencheck zu bestimmten Fragestellungen an, in dem der „Entwurf“ nochmals weiter vertieft betrachtet und auch modifiziert werden kann. Auch wenn Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in allen Phasen zentrale Themen sein müssen, bietet es sich an in bzw. vor Phase 4 Themen wie Kosten, Ökobilanzierungen /-bewertungen auf der Grundlage des Entwurfs aus der Entwicklungsphase 3 sehr genau zu betrachten, so dass in Projektphase 4 nochmals planerische Reaktionen dazu erfolgen können. Parallel werden in Projektphase 4 Lösungen für die Fassaden gesucht.