• Funktionsweise

    Die Mechanik der Methode OP-OD lebt von der Dualität von Ideen– und Entwicklungsphasen. Diese ermöglicht einer Vielzahl von Personen die Teilnahme und generiert multiple Perspektiven auf eine Planungsaufgabe. In den sogenannten Ideenphasen wird ein möglichst breites Spektrum an Einzellösungen für einzelne, präzise formulierte Teilfragestellungen erarbeitet und aufgezeigt. In den sogenannten Entwicklungsphasen werden die verschiedenen Ideen abgewogen und Schritt für Schritt zu konsistenten Lösungsansätzen zusammengeführt. Im Ping-Pong von Ideen- und Entwicklungsphasen verdichtet sich sukzessive und für alle transparent und unter Beteiligung aller der eigentliche Entwurf. 

    Die Methode OP-OD löst einen herkömmlichen Planungsprozess in der Gebäude-, Freiraum- oder Stadtplanung in eine Vielzahl von Einzelfragen und Einzelaspekten auf. Aus der Gesamtaufgabe eines Entwurfes werden dadurch viele kleine, bewusst auch fragmentarische Aufgaben projektspezifisch und in der Regel von der Prozessbegleitung generiert. Diese Aufgaben dienen als Grundlage für den Planungsprozess. Jeweils ca. drei bis fünf dieser Einzelaufgaben werden wiederum in sogenannten Callrunden oder Projektphasen gebündelt und synchron von den Teilnehmer*innen des Prozesses bearbeitet. 

    Jede Projektphase selbst besteht aus zwei Teilphasen, einer sogenannten Ideen- und einer sogenannten Entwicklungsphase, die alternierend aufeinander aufbauen. Sie bilden das strukturelle Gerüst eines OP-OD Planungsprozesses. Jede Projektphase beginnt jeweils mit einer Ideenphase. Darauf folgt stets und direkt eine sogenannte Entwicklungsphase. Beide Phasen bilden eine Einheit im Prozess. Die Anzahl der Projektphasen kann individuell, je nach Planungsaufgabe, variieren. Grundsätzlich ist es auch möglich OP-OD mit einer einzigen Projektphase durchzuführen, da nach einer Entwicklungsphase eine sog. Synthese erarbeitet wird. 

    In jeder Call-Runde und Projektphase werden verschiedene Aspekte des Gebäudes oder der Gesamtaufgabe zunächst als isolierte einzelne Calls gleichzeitig behandelt. Es geht dabei noch nicht um klassische Entwürfe, die bereits in einem frühen Stadium versuchen alle verschiedenen Aspekte und Anforderungen eines Gebäudes zu synchronisieren oder synthetisieren oder gar zu lösen. 

    Beispiele für solche Calls können etwa die Frage nach einer effizienten vertikalen Erschließung, nach einer nachhaltigen Konstruktion und Materialität des Gebäudes oder nach Regelgrundrisslösungen für spezifische Wohnformen sein. Ein Call kann auch etwa nur die Fassaden eines Gebäudes behandeln. Die einzelnen Call-Runden über alle Projektphasen hinweg bauen lose aufeinander auf und behandeln in ihrer Summe alle wesentlichen und wichtigen Aspekte des zu planenden Gebäudes. Die Vielzahl an Ideen dient jeweils als Grundlage für die jeweilige Entwicklungsphase.

    Alle Teilnehmer*innen sind dazu aufgefordert ihre Beiträge – also ihre Ideen und Hinweise – innerhalb einer bestimmten zeitlichen Frist zu erarbeiten und einzureichen. Durch die Verteilung von Tickets auf der Projekt-Plattform kann gesteuert und sichergestellt werden, dass alle Themen in ausreichender Anzahl und Tiefe bearbeitet werden. Die Ideenphasen haben somit das Ziel einen großen Pool mit ganz unterschiedlichen Einzelideen zu erzeugen. Diese Ideen können und sollen eigenständig oder aber auch in kleinen Teams erarbeitet werden. An den Ideen-Runden nehmen alle – egal ob Planer*in, Expert*in, Nutzer*in etc. – teil.

    Die Zielrichtungen, Darstellungsformen und Medien, mit und in denen die Ideen erarbeitet, präsentiert und visualisiert werden, sind an die Qualifikation der Teilnehmer*innen angepasst und können von Projekt zu Projekt oder auch von Phase zu Phase variieren. Auch eine sehr auf individuelle Bedürfnisse abgestimmte Kuratierung der Ideenformate (vornehmlich durch die Prozessbegleitung) ist denkbar. Damit sind eine präzise und angemessene Steuerung von Planungstiefe und Ausdrucksform jederzeit möglich. Am Ende einer Ideenphase ist der sogenannte Ideenpool mit vielen unterschiedlichen Ideen aller Ideengeber*innen gefüllt. Diese sind in Echtzeit und jederzeit für alle am Planungsprozess Beteiligten sichtbar.

    Die Unterscheidung in Ideengeber*innen und Entwickler*innen ist dabei keine trennende oder ausschließende. Zunächst ist jede Teilnehmer*in an einem OP-OD Planungsprozess erst einmal gleichberechtigte Ideengeber*in. Die Entwickler*innen werden im Regelfall durch Wahl aus dem Kreis der Ideengeber*innen jeweils zu Beginn jeder Ideenphase neu für die daran anschließende Entwicklungsphase von ihrer eigenen Teilgruppe bestimmt. Damit ist die Gruppe der Entwickler*innen aber stets eine Teilmenge der Gruppe der Ideengeber*innen. Die Entwickler*innen sind in den Entwicklungsphasen ohne Rücksprache mit den Ideengeber*innen handlungsfähig und entscheidungsbefugt. Sie sind mit der Wahl durch Ihre Teilgruppe als Delegierte mit einem freien Mandat ausgestattet. Sie unterliegen also keinem imperativen Mandat. Im Falle der Erstanwendung der Methode OP-OD erfolgte die Wahl bzw. Auswahl aufgrund der geringen Teilnehmer*innenzahlen auf Seiten der Technikgewerke jeweils nur in den Teilgruppen der Planer*innen Architektur und der Nutzer*innen.

    Wie funktioniert eine Ideenphase genau?
    Die Ideenphase startet mit der Veröffentlichung der einzelnen Calls, die in der jeweiligen Projektphase bearbeitet werden sollen. Die Besonderheit der Herangehensweise liegt in der zunächst einmal isolierten Bearbeitung solcher Aufgaben ohne bereits die Plausibilität mit andere Komponenten des Entwurfes im Auge haben zu müssen. Also etwa den Entwurf einer zwar projektspezifischen denkbaren Treppe oder Treppenlösung zu verfolgen, ohne aber überhaupt die Tragstruktur oder erste andere Grundrissüberlegungen zu kennen. Von Phase zu Phase verdichtet sich dann allerdings auch bei OP-OD das Netz an Abhängigkeiten – auch wenn die Aufgaben weiterhin fragmentarisch bleiben und Lösungen auch noch zu einem späten Zeitpunkt sehr frei oder skizzenhaft formuliert werden können.

    Ergänzt um die notwendigen und relevanten Dokumente und Unterlagen sind sämtliche Calls, hochgeladenen Ideen und Entwicklungsergebnisse – also Synthesen – auf der digitalen Plattform für alle einsehbar und erreichbar. Die Plattform bildet eine Art zentralen Fix- oder Ankerpunkt für einen OP-OD-Prozess. Über die jeweilige Projektplattform kann die Kommunikation und der interne Austausch stattfinden. Das Kollektiv ist ebenfalls auf der Plattform sichtbar und kann sich gegenseitig mittels Personenprofilen kennenlernen und austauschen. 

    Eine wesentliche Änderung gegenüber herkömmlichen Plaungsprozessen liegt in der Simultanität aller Beiträge des gemeinsamen Entwerfens. Insbesondere die Rollen von Planer*innen der Fachrichtung Architektur und Freiraum und die der Planer*innen der technischen Disziplinen sollen sich mit der Methode OP-OD erheblich verändern. Die Planer*innen der technischen Disziplinen wie Tragwerk, Haustechnik, Bauphysik, Brandschutz etc. sind vom ersten Moment des Planungsprozesses an, in dem noch keinerlei architektonische Vorideen existieren, dazu aufgefordert, sich zu allen Themen des Gebäudes im Prozess (= Callfragestellungen) zu äußern. Sie sollen allein in Auseinandersetzung mit der konkreten Planungsaufgabe ihre fachlichen aber auch persönlichen Erfahrungen einbringen. Sie sollen also konkret auch Ideen und Hinweise zur Erschließung des Hauses, zu den Grundrissen oder auch zur „Mechanik“ des Zusammenlebens oder der Flexibilität formulieren. 

    In der Erstanwendung der Methode wurden daher nahezu keine technischen Fragestellungen isoliert formuliert. Der integrative Ansatz sah vielmehr vor, alle relevanten technischen Fragstellungen – von Bauphysik bis Barrierefreiheit – sozusagen als ständige Monde, um die großen Fragen eines nachhaltigen Wohnens und Bauens – sozusagen die Planeten – kreisen zu lassen. Das Gegenteil einer Geringschätzung der Technik sollte damit zum Ausdruck gebracht werden – was aber – auch aufgrund der geringen Beteiligung von Teilnehmer*innen technischer Disziplinen noch nicht im erwarteten Maß funktioniert hat.  

    Was passiert in einer Entwicklungsphase?
    Den Entwickler*innen, einer Gruppe von ca. 10-12 Personen, die aus der Gruppe der Ideengeber*innen zu Beginn jeder Projektphase delegiert werden, kommt die Aufgabe zu, die einzelnen hochgeladenen Ideen und Lösungsvorschläge zu sortieren, zu testen und zu kombinieren. Sie packen dabei sog. Ideenrucksäcke. Die darin enthaltenen Ideen gilt es zu synthetisieren und daraus gemeinsam Schritt für Schritt einen oder mehrere Varianten eines ersten planerischen Zwischenstandes zu erzeugen. Diese Zwischenstände oder in der letzten Runde der finale Planstand werden in der Nomenklatur von OP-OD als sogenannte Synthesen oder auch Synthesestände bezeichnet.

    Die Synthesen der Zwischenphasen wiederum werden stets zur planerischen Grundlage der nächsten Ideenphase. Damit kreisen die Ideen im Ideenpool ab der 2. Phase um die Synthese(n) der vorherigen Entwicklungsphase. Bis zum Abschluss jeder Entwicklungsphase wird intensiv und gemeinsam von den Entwickler*innen an der Synthese oder den Synthesevarianten gearbeitet. Es werden immer wieder einzelne Themen aber auch das gesamte (Planungs-)Konzept verhandelt und schließlich in einer Konsent-Entscheidung verabschiedet. Mit einem gewissen planerischen Nachlauf wird der Synthesestand zeichnerisch und textlich finalisiert und aufbereitet. In einem sogenannten Beipackzettel werden die noch offen gebliebenen Punkte aber auch die Fragen an das Plenum aller Ideengeber*innen gesammelt. Zuletzt werden die Synthese oder die Synthesevarianten auf die digitale Plattform hochgeladen und in einem abschließenden Plenum besprochen und diskutiert.

    Die Zielsetzung jeder Entwicklungsphase sollte jeweils zu Beginn feststehen und von den Entwickler*innen gemeinsam kritisch reflektiert und in passende Arbeitspakete untergliedert werden. Die Gruppe selbst ist zuständig für ihre interne Strukturierung, die Verteilung der Arbeitspakete und die Zeitplanung.

    Nachdem die Entwicklungsphase selbst nur im geschützten (analogen wie virtuellen) Raum der Entwickler*innen stattfindet und nicht jedes Zwischenergebnis für alle auf der Plattform einsehbar ist, ist nun als Abschluss das Ergebnis, aber auch der Prozess der jeweiligen Entwicklungsphase für das gesamte Kollektiv aller Teilnehmer*innen – also alle Ideengeber*innen – sichtbar.

    Unterstützt wird die Gruppe der Entwickler*innen von einer externen, aber fachkundigen Moderation, welche insbesondere die Gesprächsführung moderiert, den Wissenstransfer koordiniert bzw. Wissenslücken auszugleichen versucht und die Methodenmoderation und -erklärung übernimmt. Die Moderation ist auch daher wichtig, da OP-OD explizit versucht Nutzer*innen und Expert*innen eines Planungsprojektes zu gleichberechtigten Ideengeber*innen und Entwickler*innen einer gemeinsamen architektonischen Lösung zu machen. Es wird und kann daher immer wieder zu Schwierigkeiten etwa beim inhaltlichen Austausch aller Entwickler*innen untereinander kommen. Die Moderation leistet ggf. auch eine Form von Übersetzungsarbeit bzw. greift ein, wenn eine gemeinsame Arbeitsebene verloren zu gehen droht. Die Moderation oder die Moderator*innen stellen zudem auch eine wichtige Schnittstelle zur Prozessbegleitung dar.

    Die Gesamtfigur eines Planungsprozesses mit der Methode OP-OD gleicht einer Abfolge trichterförmiger Phasen. Die offenen Call-Fragestellungen und die Verdichtung von Ideen zu planerischen Synthesen erzeugen einen linearen Prozess, der aber durch die ständige Öffnung für neue Fragen und Iterationsschleifen sehr agil angelegt ist. Dieser ermöglicht zudem auch das Denken in Varianten.