Open Plan Open Decision – kurz OP-OD – ist eine neuartige Planungsmethode, die von Menschen innerhalb der Wohnungsbaugenossenschaft KOOPERATIVE GROSSSTADT eG entwickelt wird. OP-OD versucht alle Stakeholder*innen (= Interessensvertreter*innen) eines Projektes zu gleichberechtigten Ideengeber*innen und Entwickler*innen architektonischer Lösungen zu machen. Die Autor*innenschaft an diesen Lösungen liegt im Idealfall beim Kollektiv. Dieses ist die Summe vieler einzelner Individuen – Planer*innen und Nutzer*innen, Fachmenschen wie Laien – und damit alles andere als anonym. (For the English version please click here.)
Die Methode OP-OD ist derzeit im Status eines benutzbaren Prototyps. Sie wurde umfassend im Zuge eines realen Bauprojektes der Genossenschaft KOOPERATIVE GROSSSTADT für den Entwurf eines Wohngebäudes in München angewendet und getestet. Die Funktionsweise, die Eigenarten und die noch vorhandenen Schwachstellen werden ausführlich in diesem Leitfaden dargestellt. Sämtliche Erfahrungen werden darin so offen wie möglich geteilt. Die Erfinder*innen der Methode OP-OD sind zugleich Initiator*innen und Teil des Forschungsteams. Sie sind damit bis in die letzten Tiefen des Prozesses mit diesem vertraut, aber auch befangen. Aus diesem Grund enthält dieser Leitfaden auch zahlreiche Blicke von externen Expert*innen auf die Methode selbst und die Ergebnisse der Erstanwendung. Diese und ausgewählte Stimmen von Teilnehmer*innen des ersten Planungsprozesses sind in Form von ausführlichen Videointerviews hier verfügbar. Eine noch detailliertere Einordnung, Bewertung und externe Begutachtung findet in einem umfangreichen Forschungsbericht ihren Niederschlag.
OP-OD ist keine kommerzielle Methode. Sie kann offen und kostenlos von allen Interessierten benutzt werden. Die Methode als Ganzes, aber auch alle Teilaspekte und Teilmechaniken stehen für jede/n zur freien Verfügung. Sie können auch in eigenen kollektiven und partizipativen Planungsprozessen verwendet werden. Erklärtes Ziel ist es, die Methode OP-OD und die entsprechende digitale Anwendungsplattform (App) so weit zu entwickeln, dass sie als gleichwertige und in vielen Fällen sogar als bessere Alternative zu Architekturwettbewerben eingesetzt werden kann. Grundsätzlich soll eine sehr niederschwellige Integration von partizipativen und kollektiven Planungsabschnitten innerhalb von Projekten in Architektur und Landschaftsarchitektur ermöglicht werden.
Die Methode OP-OD verfolgt das Ziel, nachhaltige und breit akzeptierte Gebäude zu planen und errichten zu können. Sie gründet in der Annahme, dass es durch den Einbezug aller oder zumindest möglichst vieler verschiedener Beteiligter in die Planung möglich ist, den sogenannten Performance Gap in technischer, ökologischer, aber auch in sozialer Hinsicht deutlich zu verringern oder nahezu obsolet werden zu lassen.
Neben technischen Aspekten sollen dabei vor allem auch programmatische Aspekte Beachtung finden. Zunächst bezogen auf Wohnnutzungen können dies Themen wie Flexibilität und Flächeneffizienz sein. Ein gemeinsames Aushandeln, was für wen und wofür ausreichend ist, spielt dabei eine zentrale Rolle. Hinsichtlich der akuten gesellschaftlichen und ökologischen Fragen, worauf und auf wie viel verzichtet werden kann, welche Dinge und Räume geteilt werden können und welche Änderungen über lange Zeit im Betrieb eines Gebäudes bedacht werden müssen, besteht die Hypothese, dass der kollektive und partizipative Ansatz von Methoden wie OP-OD bessere Lösungen leichter generiert.
Die Methode OP-OD möchte über den Performance Gap hinaus, der oftmals mehr das Nutzer*innen-Verhalten betrifft, den auf Seiten der Fachleute von den Autor*innen hier so bezeichneten „Prior-Experience-Gap“ schließen, mindestens aber verkleinern. In der Architektur wird von den Entwerfenden sehr viel über die eigene praktische Erfahrung argumentiert. Andererseits ist aber oftmals die konkrete Nachbetrachtung und das Monitoring von Projekten sehr lückenhaft.
Das führt in der Konsequenz dazu, dass in klassischen Entwurfsprozessen mit wenigen beteiligten Fachleuten – also singulär besetzten Rollen – und einer tendenziell diesbezüglich schwach besetzten Rolle der Bauherr*in nur sehr selektive oder gar einseitige Erfahrungen verfügbar sind. Es klafft dabei sowohl eine Lücke zwischen der tatsächlich im Projekt verfügbaren Praxiserfahrung und dem planerischem Wissen aber auch dem eigentlich (theoretisch) verfügbaren Praxiswissen. Es besteht die Hypothese, dass der kollektive und kollaborative Ansatz von Methoden wie OP-OD bessere Lösungen leichter generiert.
Was ist OP-OD nicht?
OP-OD ist nicht perfekt. Auch mit OP-OD gibt es weder einen Automatismus auf dem Weg zum besten und nachhaltigsten Ergebnis noch das Versprechen konfliktfreier Partizipation. Das Planungsergebnis und die Planungsatmosphäre hängen auch bei OP-OD von der Kapazität, dem Ideenreichtum und ganz besonders von der Bereitschaft aller Beteiligten sich intensiv in das Projekt einzubringen und sich den notwendigen Aushandlungsprozessen zu stellen, ab. Die Mechanik von OP-OD soll die Beteiligten (Planer*innen, Nutzer*innen, Bauherr*innen und weitere Interessensvertreter*innen) aber dabei unterstützen, dies in einer sehr strukturierten, gut moderierten, kreativen und hochgradig kooperativen Weise tun zu können.