Eine Ideenbiografie zeichnet den Verlauf einer oder mehrerer Ideen durch den Planungsprozess eines Projektes mit der Methode OP-OD nach. Siehe auch ausführliche Beschreibung im Glossar.
Mit der Methode OP-OD soll derzeit die Nachverfolgung einzelner Ideen, die in individueller Autor*innenschaft erarbeitet werden, möglich sein. Im Folgenden werden daher beispielhaft konkrete Idhttps://op-od.de/methode-op-od-archiv/#Glossareen, ihr Weg durch den Prozess und ihr Einfluss auf den Gesamtentwurf dargestellt: Einmal zur Fassade des Gebäudes und einmal zu den Wohngrundrissen.
In der zweiten Callrunde lag der Fokus auf den Obergeschossen und auf der Gestaltung der Fassaden: Dabei konnten die Ideengeber*innen frei auswählen, auf welche Planungsvariante / Synthese der ersten Entwicklungsphase sie ihre Überlegungen gründen wollten.
Ausgangspunkt für die erste Ideenbiografie ist der Call B2 „Fenster, Fassaden, Zirkuläres“. Die Ideengeber*innen sollten auf Grundlage eines vorgegebenen zirkulären Bauteilkataloges eine erste Planung bzw. erste Ideen für die Fassaden unter Berücksichtigung von Schallschutz, Energiestandard und Denkmalschutz vorlegen. In dieser Runde wurden zu dieser Fragestellung insgesamt 17 sehr unterschiedliche Ideen auf die Plattform hochgeladen. Davon waren 13 Ideen von Planer*innen der Architektur. Eine Auswahl von neun Ideen ist hier dargestellt. Die Idee B2-20-AF – „Biberbau“ –von Juliane Greb wurde im Anschluss an die Ideenphase in zwei individuelle und in einen kollektiven Ideenrucksack gepackt und in der zweiten Entwicklungsphase intensiv diskutiert. Die Idee „Biberbau“ konnte sich in dieser Projektphase gewissermaßen durchsetzen. Der materialbasierte und gestalterische Impuls wurde weiterverfolgt.
Die möglichen Schritte einer Ideenbiografie und ihr Niederschlag in der Genese von Synthesen können sich wie hier dargestellt ergeben. Gewisse Aspekte einer Idee werden erkannt und insbesondere in der Entwicklungsphase aufgegriffen. Daraufhin erfolgen in der Regel Übersetzungen, Modifikationen und Weiterentwicklungen der Idee im Zuge der Diskussion innerhalb der Gruppe der Entwickler*innen und der Integration in einen bestimmten Synthese(zwischen)stand.
Hierbei wird die betrachtete Idee etwa nochmals mit den Vorgaben und Bedingungen des Projektes und den verwendeten Ideen aus den anderen Calls in Abgleich gebracht und präzisiert. Eine Synthese stellt dann eine bis zu einem gewissen Grad konsistente Verschmelzung von Einzelideen dar. Wie sehr diese darin noch erkennbar sind variiert von Fall zu Fall. Mit dem Zurückspielen einer Synthese in die nächste Ideenphase können sowohl die Synthese als auch die darin enthaltene einzelne Idee vom Kollektiv der Teilnehmer*innen individuell und mit eigenen Schwerpunkten weiterbearbeitet werden. Dadurch kommt es zu einer Diversifizierung und Fortschreibung der Idee und ihrer unterschiedlichen Teilaspekte. Die Verwandtschaft zur ursprünglichen Idee bleibt aber erhalten. Die Diversifizierung konkretisiert und vertieft die Idee und sichert sie gewissermaßen in einer Art von demokratischen Weise im Prozess ab.
Betrachtet man nun die ursprüngliche Idee „Biberbau“ und den Stand der dritten Synthese, so zeigt sich, dass zentrale Aspekte der Idee bis zur Synthese beibehalten und weiterentwickelt wurden. So wurde das zirkuläre Material der Biberschwanzziegel weiter verwendet, aber von der Erkerfläche auf die Fassadenflächen übertragen sowie in die Dachflächen hochgezogen. Der vorgeschlagene Materialmix zeigt sich nun in der Differenzierung des Erkers und im Sockelbereich. Die Platzierung und Bündelung der zirkulären Fenster zu Bändern bleibt ebenfalls erhalten, wird aber von den Seiten zur Mitte hin verschoben und über den Erker gezogen. Diese Aspekte illustrieren beispielhaft wie eine Idee Eingang in die Planung findet und im weiteren Prozess dabei eine Form von Evolution durchläuft.
Ausgangspunkt dieser Ideenbiografie ist der Call A2 „Wohnmodelle, Obergeschosse“, in dem die Frage nach der spezifischen Wohnform und den dafür geeigneten Wohngrundrissen gestellt wurde. Das Verhältnis von individuellen und gemeinschaftlichen Räumen, aber auch die Flexibilität des Wohnmodells über die Jahre der Nutzung spielten hier eine zentrale Rolle. Aus dem Ideenpool wurden zwei Ideen von der Gruppe der Entwickler*innen weiterverfolgt. Eine dieser beiden Ideen war die Kombiticket-Idee A2/C2–17–AF „Durchwohnen“, welche eine Lösung skizzierte, die dann später im Prozess als „Schaltdiele“ bezeichnet wurde.
Erneut zeigt sich hier wie eine einzelne Idee innerhalb der Entwicklungsphase Wiederhall findet und im weiteren Verlauf des Prozesses mit weiteren Fragestellungen in Abgleich gebracht wird. Dabei werden, wie in diesem Beispiel teilweise aber auch Aspekte übersehen und gehen infolgedessen zwischenzeitlich verloren. Jedoch stellt das Archiv der Ideen auf der Projektplattform einen ständig einsehbaren und benutzbaren Fundus an Ideen dar. Dies ermöglicht jederzeit die Rückkopplung des Prozesses an die ursprünglichen Ideen. Damit können vermeintlich „verlorene“ Ideen oder Aspekte auch wieder ihren Weg zurück in die Planung finden. In dieser Darstellung der Ideenbiografie (A2/C2–17–AF) lässt sich das Aufgreifen einiger Aspekte der Idee „Durchwohnen“ nachverfolgen, aber es wird auch der Verlust des Aspektes einer Schaltdiele in der finalen Synthese ersichtlich.
Vergleicht man die Idee „Durchwohnen“ mit der finalen, dritten Synthese, dann wird deutlich, dass die grundsätzliche Raumaufteilung erhalten geblieben ist – mit den drei Individualräumen im südlichen Bereich des Hauses mit Zimmern sowohl zur Hof- als auch zur Straßenseite.
Ebenso sind die ineinander übergehenden Gemeinschaftsbereiche mit ihren zwei (abtrennbaren) Raumzonen und dem daran angeschlossenen Aufzug mit Zugang zum Badezimmer noch vorhanden. Was jedoch fehlt, ist das Motiv einer Schaltdiele. Diese hatte in der ursprünglichen Idee noch einen semi-privaten Vorraum, einen besseren Schallschutz für die Individualräume und flexible Zugangsoptionen / Türpositionen vorgesehen. Ohne diesen räumlichen Kniff enden nun aber alle Individualräume direkt in den Gemeinschaftsflächen. In der dritten Callrunde hatten weitere Verfasser*innen in ihrer Idee „Verflechtung Fine Tuning“ nochmals das Potential eines dielenartigen, flexiblen Verteilerraumes zwischen drei Räumen untersucht, was aber ebenfalls keinen Eingang in die Synthese fand.
Vergleicht man die Idee „Durchwohnen“ mit dem Arbeitsstand nach dem außerplanmäßigen Workshop, so sieht man, dass das Motiv einer nun auch so bezeichneten Schaltdiele wieder in den Grundriss integriert wurde und sogar in doppelter Ausfertigung je Wohngeschoss auftaucht. Damit ergeben sich differenzierte räumliche Pufferzonen, wenn auch mehr einzelne Räume, deren Verbindungen nur über Türen hergestellt werden können. Die Gemeinschafts- und die Individualbereiche sind dadurch flexibler programmierbar. Der Aufzug ist nun zur Straßenfassade verschoben. Die ihm vorgelagerte Schaltdiele ermöglicht eine vertikale gemeinschaftliche Nutzung der Bäder und eine unabhängige barrierefreie Erschließung der möglichen geschossweisen Gemeinschaftsräume.
Der abschließende Vergleich mit der zweiten Genehmigungsplanung zeigt wenige Anpassungen. Die Zimmer-, der Erker- sowie die Balkonproportion sind zwar verändert, doch das grundsätzliche Raumgefüge, die Struktur und die Aufteilung bleiben erhalten. Die Funktionsweise der Schaltdielen bietet eine räumliche Lösung für das angestrebte gemeinschaftliche Wohnmodell und eröffnet für die Zukunft ggf. noch wichtige flexible Interpretationen, Belegungs- und Teilungsoptionen.